Nimmt man die erste Ausstellung mit Fossilien aus Holzmaden im September 1941 auf dem Killesberg als Maßstab, dann dürfte die Stuttgarter Messe genau genommen 78 Jahre auf dem Buckel haben. Der förmliche Verwaltungsakt zur Gründung der Stuttgarter Ausstellungs-GmbH, des Vorläufers der heutigen Messegesellschaft, fand allerdings schon im Mai 1940 statt - und deshalb feiert die Messe Stuttgart im kommenden Jahr (2020) bereits ihr 80-jähriges Bestehen.
Blumiger Start: Hervorgegangen ist die Stuttgarter Messe eigentlich aus der dritten Gartenschau von 1939, Diese musste leider im September wegen des Beginns des Zweiten Weltkriegs vorzeitig abgebrochen werden. Auf dem Gartenschauareal wurde dann bis 1942 Gemüse für die Versorgung der Stuttgarter Krankenhäuser angebaut. Im Umbruch wird die Stuttgarter Ausstellungs-GmbH schließlich neu aufgestellt: Als Gesellschafter beteiligt sind neben der Stadt selbst und dem Verein Erholungsheim des württembergisch-hohenzollerischen Einzelhandels auch die Firma E. Breuninger und die Württembergische Industrie- und Handelskammer. Innerhalb eines Jahres wird das Areal für die Deutsche Gartenschau, die 1950 stattfindet, hergerichtet.
Kurze Zeit später brechen die Jahre des Wirtschaftswunders an. Neben der für die Gartenschau errichteten neuen Messehallen entstehen bis 1952 noch vier weitere Ausstellungsgebäude mit rund 10.000 Quadratmetern Fläche. Highlight für die Besucher: Zur Gartenschau schwebt eine Sesselbahn über dem Gelände.
Ab 1951 startet dann das richtige Messegeschäft auf dem Killesberg: Geflügelschauen, eine Rassehundeausstellung, die wohl als Vorläufer der heutigen Animal angesehen werden kann, Bäckerei- und Fleischereifachmessen, die Schau des Hotel- und Gaststättengewerbes, aber die „Fachausstellung für Anstaltsbedarf“ gastieren auf dem Messegelände. Der Süddeutsche Rundfunk sendet von der Messe, bis er 1965 in die Studios der Villa Berg umzieht. Rock’n-Roll-Star Bill Haley bringt 1958 in der Messehalle die Fans gar so in Rage, dass 53 Holzklappstühle zertrümmert werden.
1965 wird erstmals die Rollladenfachmesse abgehalten, die später in die Rollladen- und Tore-Messe R+T übergeht und heute fester Bestandteil des Messeprogramms ist. Veranstaltungen wie die Interbad, die Intergastra und die Deutsche Funkausstellung geben der Killesberg-Messe weiteren Auftrieb. Insbesondere letztere zieht 1965 und 1969 die Massen an. Ein Jahr zuvor, 1968 wird bereits ein Flaggschiff der Messe Stuttgart aus der Taufe gehoben: Die Motor-Sport-Freizeit, heute CMT, und inzwischen die weltweit größte Publikumsmesse für Tourismus und Freizeit.
Die Geschichte der Ausstellungswelt erlebte also einige Höhen und Tiefen, wobei die positiven Rückblicke überwiegen: Die Boxkämpfe in den 50er-Jahren auf dem Killesberger Messegelände, das um sich greifende Reisefieber der Deutschen in den 60ern, wodurch erst die Voraussetzung für Urlaubsmessen wie die CMT geschaffen wurde. Unvergessen auch der legendäre Auftritt der Rolling Stones am 22. September 1970.
Zum 75.-Bestehen der Messe kamen deshalb auch wichtige Gratulanten. So schauten Ministerpräsident Winfried Kretschmann und Stuttgarts OB Fritz Kuhn bei der Jubiläumsfeier im internationalen Congresscenter vorbei. In einem Punkt waren sich dann alle einig: Nicht zuletzt ihrer wechselvollen Geschichte ist es wohl zu verdanken, dass die Stuttgarter Messe trotz fortgeschrittenen Alters immer noch blendend dasteht - auch wenn die Bevölkerung nicht immer so angetan war von ihrer Messe. Als es um den Umzug auf die Fildern ging, gehörte selbst Ministerpräsident Kretschmann zu den Kritikern. Vor allem die Flächenversiegelung im Großmaßstab trieb ihn damals um. Ein langer Weg lag also hinter den Planern und Bauherren, als am 19. Oktober 2007 die Neue Messe auf den Fildern gegenüber dem Flughafen Stuttgart eingeweiht wurde.
Die Geschichte der Baumaßnahme begann bereits Ende der 1980er Jahre, als die Messe Stuttgart nach Erweiterungsmöglichkeiten für das zu klein gewordene Areal auf dem Killesberg suchte. Ende 1991 setzte die Prüfung potenzieller Standorte ein. Gefragt war ein möglichst ebenes Gelände von ca. 150 ha, das mit Auto und öffentlichen Verkehrsmitteln gut erreichbar sein sollte. Unter 80 möglichen Standorten wurde das Areal am Flughafen für die Verwirklichung der Baumaßnahmen empfohlen. Ein guter Schachzug: Entstanden ist ein ansehnliches architektonisches Ensemble von mittlerweile 10 Hallen mit zusammen 120.000 qm Ausstellungsfläche, dazu zwei Parkhäuser, die sich über die Autobahn spannen.
Zusammengefasst kann man sagen: Stuttgart hat eine moderne, stark international ausgerichtete Messe, die neue Entwicklungen, Waren und Dienstleistungen aus der Region der Welt präsentieren kann. Auch deshalb ist der Standort Stuttgart bei den regionalen Messen Deutschlandweit führend, vor allem bei den Publikumsveranstaltungen. Mit einer Messe auf dem Killesberg wäre Stuttgart bei den ganz großen deutschen Messeplätzen wohl gar nicht mehr dabei. Erst der Standort am Flughafen hat der Landesmesse das enorme Wachstum bei Ausstellern, Standflächen und Besuchern ermöglicht - 2018 waren es mehr als 1,3 Millionen, die den Weg in die Schwäbische Landesmesse fanden. Im harten Wettbewerb der deutschen Messestandorte bietet die international vernetzte Wirtschaftsregion Stuttgart also gute Chancen, auch in Zukunft ihren Erfolg weiter auszubauen.